Freitag, 10. März 2017
wie soll ich das je verstehen
Heute sind es genau 5 Monate, seit dem Anruf von Mama. Verstanden hab ichs noch immer nicht. Wohl hab ich erkannt, aus diesem miesen Traum kann ich nicht wach werden. Aber ich verstehe nicht wie das jetzt gehen soll. Ohne Papa. Wo ist er? Ich rede immer mit ihm wenn ich ihn besuchen gehe. Erzähle die Neuigkeiten, sage dann, aber das hast du sicher eh gesehen gell?! Ich will mit nicht vorstellen daß er da unten liegt. Für mich ist das einfach der Treffpunkt seiner Seele mit mir, sodaß ich weiß, Papa treffe ich dort. Da kann ich mit ihm reden und er hört und sieht micht. Doch das denke ich eh immer, also eigentlich eher zu Hause, im Job fällt mir grad auf, habe ich so noch nie gedacht. Seit dem 10. Oktober brennt eine Kerze bei mir auf dem Wohnzimmertisch. Wenn ich sie anzünde ist das wie ¨hallo Papa, jetzt bist du wieder bei mir¨, wenn ich sie abends lösche sage ich,gute Nacht Papa¨. Wenn ich weggehe, lösche ich die Kerze und sage, ¨bis später Papa¨!
Ich glaube diese Rituale helfen mir, die Vorstellung ihn trotzdem bei mir zu haben. Er ist nicht weg. Ich sehe ihn nur nicht mehr.
Warum habe ich niemals gesagt ¨ich liebe Dich¨, oder ¨Du bist mir sehr wichtig.¨ Ich bin sehr Dünnhäutig geworden, ich denke bei Problemen immer. Wieso das auch noch? Ich ertrage nicht noch mehr. Die Leute sagen mit oft, es geht weiter, du musst da hinweg kommen. Das Leben weiter leben. Irgendwann tuts nicht mehr so weh. Du darfst dich nicht hängen lassen.

Ich will aber dass es immer weh tut. Für mich würde es bedeuten, ich leide nicht mehr so schlimm, jetzt ist es mir mehr egal, nicht mehr so bedeutend als noch vor 2 Monaten. Das darf niemals passieren. Ich will jeden einzelnen Tag in meinem Leben an Papa denken, mein Leben mit ihm teilen und ihm alles erzählen, und traurig sein dass er nicht mehr bei mir ist. Bei uns, seiner Familie! Ich will daß er jeden Tag erkennt wie wichtig er mir war, und ist. Wie sehr ich mich freue, wenn ich mich erinnere wie er ausgesehen hat wenn er lächelte. Wie viel er gegeben hat. Und ich sehe nur, wirklich nur das Positive, alles was vielleicht mal beredet wurde mit anderen, was mich geärgert hat ist weg. So ist jetzt mein Papa der Held aller Zeiten!! Wieso war er es nicht als ich ihm das noch hätte sagen können?

Wir alle vermissen ihn so sehr. Papa ich liebe Dich, egal wo Du bist.

Das ist der Abschluß dieser Beitragsreihe.

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Samstag, 4. März 2017
ich will keinen Abschied...
Wie er da liegt, so dünn, klein und einsam. Was sag ich ihm, Tschüss Papa. Ich will endlich aufwachen. Wir können ihn da nicht alleine lassen. Irgenwann gehen wir wieder. Irren im Krankenhaus herum, zurück zur Station. Fragen, keiner kann uns sagen wann genau, wie, alleine oder war jemand bei ihm? Wieso hat uns keiner gesagt daß es ¨jetzt¨ passieren wird, wir wären bei ihm gewesen, meine Mama wird sich das ihr Leben lang nicht verzeihen. Immer wieder redet sie davon, hätte ich bei ihm sein können.
Die Reisetasche wird mit übergeben, ich muß unterschreiben daß ich alles bekommen habe was Papa noch bei sich hatte. Zum Teufel, soll ich jetzt die Tasche durchwühlen? Ich unterschreibe den Wisch, Mama soll nichts mitbekommen. Irgendwie hab ich das Gefühl, sowas passiert zum Ersten mal in diesem Krankenhaus, alle lächeln verlegen, schauen einen nicht direkt an. Jetzt müssen wir noch in das kleine Zimmer, die ¨Abmeldung¨ entgegennehmen, ich denke die sind vollkommen bescheuert. Mein Bruder und ich gehen rein, ich sehe auf dem Bildschirm, eingeliefert am ..... entlassen am, wegen ¨gestorben¨
Das geht nicht mehr in meinen Kopf, ich pack das alles nicht. Ist das wirklich alles, so ein Wischzettel? Damit ist der Fall für die erledigt? Nein Nein Nein. Wie soll das alles weitergehen.
Er fehlt, er fehlt, Papa du fehlst so sehr. 9 Tage später müssen wir Papa beerdigen. So einen Tag will ich nie nie nie wieder erleben müssen.

Es ist Mittwoch, 19. Oktober. Vormittags treffen die Verwandten im Elternhaus ein. Die meisten davon hab ich zuletzt bei der Hochzeit meines Bruders gesehen, vor 18 Jahren! Ich stehe draußen um alle einzuweisen, wo einparken, und zu begrüßen. Gedrücke, Tränen, komische Blicke, bitte, geht alle wieder und ich werde endlich wach. Ich will das nicht. Das Haus ist voll, Mama ist total in Trance, begrüßt, bedankt sich, bittet uns Kinder sich um alle zu kümmern, haben alle was zu Trinken? Essen? Wir alle gehen im Haus rum, bedienen Leute die wir lange nicht gesehen haben, die sich nicht gekümmert haben als Papa so krank war. Selten waren die Anrufe, ohne Halt die Worte am Telefon.

Irgendwann sind wir dann am Friedhof. Dieses Wort gibt es bei mir sonst nicht mehr, ich sage immer, ich fahre jetzt zu Papa! Das ist nicht so schmerzhaft für mich.

Bei uns am Land ist das eben so daß es eine Einseegnung gibt. Alle die den Verstorbenen kannten können kommen und sich verabschieden. Ich hab Angst daß wenige Leute kommen, er war lange Zeit nicht mehr unter den Leuten, die hatten ihn genervt, er ist dann immer unser kleiner Grummel gewesen.

Es gibt wahnsinnig viele Blumen, Kränze, Gestecke .... unglaublich. Unsere Kränze stehen vorne bei Papa. Ein Bild von ihm, Kerzen. Alles was wir ausgesucht haben. Sehr würdevoll und wunderschön. Darf man da wunderschön sagen? Erstmal haben wir alleine Zeit alles aufzunehmen, uns zu verabschieden, uns zu sammeln. DIe Leute kommen rein, die Verwandtschaft. Und dann soviele, soviele Menschen, aus dem Ort, einige kenne ich gar nicht, es wird sich angestellt und so liebevoll bei Papa verabschiedet. Ich bin so so stolz auf meinen Papa! Soviele Menschen kommen um diesem Mann ¨Pfiati Franz¨ zu sagen. Bürgermeister, der Vize, alle möglichen Leute vom Ort.
Der Familie, uns, wird natürlich kondoliert. Hände drücken, nochmal, nochmal, ich will gar nicht aufsehen wem drücke ich da die Hand. Ich will nur traurig sein, einfach losweinen und schreien, endlich den Schmerz rausbrüllen. Das hab ich bis heute nicht geschafft.

Es ist alles so gut organisiert. Leise Musik, Stefan Mross - Heimwehmelodie. Und noch ein Lied, ich habs ausgewählt, ich weiss es nicht mehr! Ich hoffe es fällt mir noch ein.

Langsam wird Papa nun rausgetragen, draussen gefahren, zu seinem Platz. Den Grabstein hat er noch selber ausgesucht. Der Waldviertler Naturstein. Der Moment vor dem ich die allergrößte Angst hab, bei meiner Oma damals war das so fürchterlich, brutal, endgültig, schrecklich.... Papa wird hinabgelassen, der Erste im Familiengrab.

Verabschieden. Mama zuerst. Rote Rosen stehen bereit in einer Vase, solange welche da soll jeder eine nehmen und zu Papa werfen können. Meine Schwester und ich haben jeweils einen Brief geschrieben, Worte an Papa. Was ich ihm niemals gesagt habe, ich liebe dich, ich bin stolz auf dich.... keine Worte die in unserer Familie verwendet werden. Leider. Mein Gott, er ist soweit da unten, wieso so weit weg?? Schrecklicher Anblick, keine Zeit darüber nachzudenken, wieder händeschütteln, Worten lauschen. Danke sagen. Ich freue mich auf den Augenblick alleine bei Papa sein zu können.

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Mittwoch, 22. Februar 2017
der Abschied...
Nun fahren wir gemeinsam ins Krankenhaus. Papa nochmal sehen, fragen stellen...
Im Krankenhaus angekommen, wo müssen wir jetzt hin? In ¨sein¨ Zimmer? Eigene Station. Wir gehen in den Stock wo er zuletzt lag, die Schwester weiß Bescheid, übergibt uns an die Klosterfrau? Seelsorgerin? Eine kleine ältere Frau im weißen Kirchenkleid mit Tuch. Freundliche Worte, die Hände werden geschüttelt. Gelächelt. Wo ist mein Mann fragt meine Mama? Unten im Keller sagt die Frau. Wir gehen runter, oder fahren wir? Wir sollen nochmal zurück zur Station die Sachen von Papa holen. Sind bereits gepackt. Mein Gott, wie schnell wird das alles organisiert. Wegpacken, zumachen, fertig. Nächster ?
Unten im Keller (!!)) Im Keller, neben dem Müllraum, Lagerraum und sonstigem Scheiss neben dem mein Papa bitte nicht sein soll! Die Frau sagt, sie würde Papa ¨herrichten¨, sie gibt uns Bescheid wenn wir kommen dürfen, uns verabschieden.
Ich will Mama halten, stützen, helfen. Meine Schwester drücken, meinen Bruder festhalten. Warten. In dem Raum wo mein Papa scheinbar ¨liegt¨ est ein furchtbares geruppel und geschiebe zu hören. Ich drehe durch. Was passiert hier. Ich will Trauer, Stille und ... endlich aufwachen. Das muß ein Traum sein, ich will endlich wach werden und mich schaudern vor diesem scheiss Traum. Endlich nach ewiger Zeit macht die Frau die Tür auf,auf, geht zur Seite und lässt uns in einen Raum. Ich glaub er war dunkel. Kalt auf jeden Fall. Eine Kerze. Ein Tisch wie im OP, ein weißes Lacken um etwas gehüllt. So klein, so dünn, so wenig. Ich glaube eine Rose war auf ihn gelegt, oder ein Kreuz? Der Kopf ist nicht abgedeckt. Der Kopf nach hinten gedreht, also als würde her im Liegen nach hinten sehen wollen. Die Augen und der Mund sind offen. Oh mein Gott. Das kann nicht sein. Nicht so. Nein, Mama bitte, sie darf das nicht sehen, sie steht direkt neben ihm, streichelt ihn, dankt ihm für alles. Ich danke dir für alles, sagt sie.

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